Selen - das unbekannte Spurenelement

Selen - das unbekannte Spurenelement

Selen gelangt über Pflanzen in Mensch und Tier. Viel ist das nicht in Europa, denn hier sind die Böden arm an dem Spurenelement. Daher werden die gesundheitlichen Vorteile einer Nahrungsergänzung angepriesen. Was ist dran an der positiven Wirkung von Selen auf Krebs, Kreislauf und Immunsystem?

Was ist Selen?

Selen ist ein essenzielles Spurenelement, von dem der menschliche Körper nur winzige Mengen benötigt. Im Periodensystem der Elemente steht es unter Sauerstoff und Schwefel. Ähnlich wie dieser bildet es in der Natur organische und anorganische Verbindungen wie Selenide und Selenoproteine. Im menschlichen Körper kommt es vor allem in Form von Selenocystein vor, einem Analog der schwefelhaltigen Aminosäure Cystein. Die größten Mengen davon finden sich in der Muskulatur.

Wofür wird Selen benötigt?

Das Metall ist Bestandteil von 25 bisher bekannten Selenoproteinen. Glutathion-Peroxidasen und ähnliche Enzyme wirken antioxidativ und schützen den Körper vor freien Radikalen. Andere sind an der Immunabwehr beteiligt oder für die Funktion von Herz und Skelettmuskel unerlässlich. Zudem beeinflussen sie die Produktion der Schilddrüsenhormone und sichern in den Spermien die männliche Fruchtbarkeit.

Für was soll man Selen einnehmen?

Selen sagt man eine Reihe präventiver Eigenschaften nach. Dazu gehört die Verminderung des Krebsrisikos bei Darmkrebs, Lungenkrebs, Prostatakrebs und schwarzem Hautkrebs. Das dürfte an der antioxidativen Wirkung vieler Selen-haltiger Enzyme liegen.

Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen galt Selen lange Zeit als Wundermittel. Aktuelle Metaanalysen klinischer Studien konnten jedoch keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Supplementation mit Selen und Erkrankungsrisiko feststellen.

Die Auswirkungen auf Diabetes mellitus Typ 2 und Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse werden kontrovers diskutiert. Darüber hinaus ist Selen entzündungshemmend und hilft Viren und Osteoporose zu bekämpfen.

Wie viel Selen muss man pro Tag zu sich nehmen?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt erwachsenen Frauen täglich 60 Mikrogramm Selen, Männern 70 Mikrogramm. In der Stillzeit ist der Bedarf leicht erhöht, sodass die DGE zu 75 Mikrogramm pro Tag rät.

Versorgung mit Selen hängt vom Selengehalt des Bodens ab

Welche Mengen Selen über die pflanzliche Nahrung beim Menschen landen, hängt letzten Endes davon ab, wie viel im Boden vorhanden ist. Extrembeispiele finden sich in Asien, wo in eng umgrenzten Gebieten extremer Selenmangel herrscht, an anderer Stelle eher eine Selenvergiftung droht.

Extreme Selen-Unterversorgung führt zu degenerativen Mangelkrankheiten wie der Keshan-Krankheit des Herzmuskels, einer Kardiomyopathie mit Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen. Bei der Kashin-Beck-Krankheit ist das Knochenwachstum beeinträchtigt, woraus Zwergwuchs resultiert. Umgekehrt liegt die Selenaufnahme in einigen Regionen Chinas mit durchschnittlich 1000 Mikrogramm am Tag so hoch, dass ein Selenüberschuss mit Vergiftungserscheinungen möglich ist.

Verglichen damit kommen wir in Europa mit einem blauen Auge davon. Beispiel: Bei uns wachsendes Getreide weist einen geringeren Selengehalt auf als das aus den USA, welches als ausgezeichnete Selenquelle gilt.

Welche Symptome treten bei Selenmangel auf?

Europa ist Selenmangelgebiet und Deutschland macht da keine Ausnahme. "Könnte besser sein, aber geht gerade noch so" trifft die Sache meistens am besten. Kritisch wird es mit dem Selenmangel vor allem bei Erkrankungen, bei denen die Aufnahme des Spurenelements verringert oder seine Ausscheidung erhöht ist. Dazu gehören Mukoviszidose, Niereninsuffizienz sowie die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

In welchen Lebensmitteln ist Selen enthalten?

Besonders viel Selen ist in Paranüssen enthalten. Kohlsorten wie Weißkohl und Broccoli sowie Zwiebeln und Knoblauch sind ebenfalls selenreich, ebenso wie Pilze, Spargel und Hülsenfrüchte. Wegen unserer selenarmen Böden sind tierische Produkte wie Fleisch, Fisch und Eier zuverlässigere Selenquellen als pflanzliche Nahrung. Zudem darf Tierfutter in der EU mit Selen angereichert werden. Wer sich vegan oder vegetarisch ernährt, muss auf eine ausreichende Selenzufuhr achten, wie sie mit Nüssen oder Pilzen möglich ist.

Wie sorgt man für eine ausreichende Selenzufuhr?

Für eine selenreiche Ernährung sollte man öfters mal Broccoli und Pilze auf dem Tisch bringen. Täglich ein paar Paranüsse im Müsli sind besser als jedes Zusatzpräparat und liefern gleich ein paar weitere Vitamine und Spurenelemente.

Notfalls kann man auf Nahrungsergänzungsmittel mit Selen zurückgreifen, wie sie in Drogerien und Apotheken erhältlich sind. Dabei muss man unbedingt beachten, dass zu viel davon die Gesundheit gefährdet.

Von Selenose bis Selenvergiftung. Zuviel Selen schadet der Gesundheit!

Nach Aussagen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kann man täglich bis zu 300 Mikrogramm Selen zu sich nehmen, ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten zu müssen. Mit normaler Ernährung ist das (bei uns zumindest) so gut wie ausgeschlossen.

Viel hilft viel ist eine irrige Annahme: Ähnlich wie bei Vitaminpräparaten spielen in der Klinik Überdosierungen eine größere Rolle als Mangelzustände. Halten Sie sich daher unbedingt an die Packungsbeilage Ihres Selenpräparates und beachten Sie die Vorgaben der DGE!

Eine Selenose äußert sich mit bleierner Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen. Neurologische Störungen führen zu Lähmungserscheinungen. Bei anhaltender Überdosierung drohen Karies und verfärbte Zähne, Haare und Nägel fallen aus. Typisch ist ein knoblauchartiger Geruch von Atemluft und Haut.

Bei Einnahme von mehreren Gramm Selen kommt es zu einer Selenvergiftung mit Tod durch Herzversagen.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Selen - Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr.
  • Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA): Empfehlungen zu Referenzwerten für die Zufuhr von Selen.
  • Kipp AP, Strohm D, Brigelius-Flohé R, Schomburg L, Bechthold A, Leschik-Bonnet E, Heseker H; German Nutrition Society (DGE): Revised reference values for selenium intake.
    J Trace Elem Med Biol. 2015 Oct;32:195-9. doi: 10.1016/j.jtemb.2015.07.005. Epub 2015 Jul 17. Review. PMID: 26302929.
  • Bodnar M, Szczyglowska M, Konieczka P, Namiesnik J: Methods of Selenium Supplementation: Bioavailability and Determination of Selenium Compounds. Crit Rev Food Sci Nutr. 2016;56(1):36-55. doi: 10.1080/10408398.2012.709550. Review. PMID: 24987868 .
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